Dekanat Rüsselsheim

Angebote und Themen

Herzlich Willkommen! Entdecken Sie, welche Angebote des Dekanates Rüsselsheim - Groß Gerau zu Ihnen passen. Über das Kontaktformular sind wir offen für Ihre Anregungen.

        AngeboteÜbersicht
        Menümobile menu

        Interkulturelle Wochen Groß-Gerau 2025

        Gesprächsabend über Männlichkeit in der Bibel und im Koran

        EKD

        Am 26. September 2025 fand im Rahmen der Interkulturellen Wochen Groß-Gerau 2025 ein Gesprächsabend zu Vorstellungen von Männlichkeit in der Bibel und im Koran im Ev. Gemeindehaus der Stadtkirchengemeinde in Groß-Gerau statt. Unter Leitung von Jörg Wilhelm, Gemeindepädagoge für Männerarbeit im Ev. Dekanat Groß-Gerau-Rüsselsheim, brachten Hubert Frank, katholischer Theologe und der Islamwissenschaftler Husamuddin Meyer Vorstellungen von Männlichkeit aus ihrem jeweiligen Glauben zu Gehör.

        Nach der Begrüßung der Gäste kam es zu einleitenden Worten durch den Gastgeber Jörg Wilhelm mit aktuellen Zitaten, zuletzt von der AfD, die im Bundestag gegen den Islam hetzte, gegen Interkulturelles Leben und interkulturelle Veranstaltungen und die den ermordeten rechtsextremen Influenzer Kirk als „neuen Jesus“ und christlichen Heilsbringer hochstilisiert.
        Im weiteren Verlauf der Einleitung wurde Bezug genommen auf das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland (Artikel 3) und auf die aktuelle Situation und Debatte rund um „die Männer“ und Männlichkeiten. Überleitet wurde dann zu einigen klassischen Zitaten aus der Bibel, die belegen, dass auch der christliche Glaube nicht unbedingt für Gleichberechtigung steht, sondern die Frau dem Manne unterordnet, jedenfalls in vielen Textstellen. In diesem Zusammenhang wurde auf die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) verwiesen, die erst 1971 Männer und Frauen im Pfarramt gleichstellte.
        Im nächsten Abschnitt erwähnte Jörg Wilhelm eine ganze Reihe von Archetypen, hier also Männlichkeiten, die sich identisch sowohl in der Tora, im Koran und in der Bibel finden lassen (wenn auch unter leicht abweichenden Namen), zum Beispiel der gehorsame Gottesknecht, der König und Herrscher, der leidende Gerechte, der Prophet, der Krieger und gläubige Kämpfer, der Richter und Gelehrte, der fürsorgliche Vater oder der reuige Sünder. Alle diese Archetypen sind verknüpft mit Zuweisungen von Männlichkeiten, die mitunter kritisch gesehen werden können, aber auch dank vieler Tugenden als Vorbilder dienen.

        Der katholische Theologe Hubert Frank bezog sich in seinem Vortrag auf insgesamt vier Archetypen von Männern, dem König, dem Krieger, dem Magier und dem Liebhaber und benannte diverse Ausprägungen und Schwächen. Der Islamwissenschaftler Husamuddin Meyer brachte Beispiele aus dem Leben von Mohammed und zur Rolle und Verantwortung von Männern in Familien. Dabei erwähnte er auch einige persönliche Erfahrungen und übte Kritik am Umgang mit Frauen und Männern wie der „kalte und mechanische Umgang mit Schwangeren“ unter Missachtung von Gefühlen, Emotionen und dem Wert des Lebens und der Schöpfung. Beide Referenten berichteten über ihre Erfahrungen in der Gefängnisseelsorge und dem dortigen Umgang mit Gefangenen, die sehr überwiegend Männer sind, aber dort oft mit Männerbildern konfrontiert werden, die eher als toxisch bezeichnet werden können. „Kommt man an das Innere dieser Männer, entdecken sie andere, weichere Seiten an sich bis hin zum Weinen“, so die Erfahrung der beiden Seelsorger.
        Was Hubert Frank und Jörg Wilhelm noch mit einbrachten, ist das Verhalten von Jesus, der im Koran einer der bedeutendsten Propheten ist und im jüdischen Glauben als Rabbi und Gelehrter hohes Ansehen genießt. Sein Umgang mit diversen Gruppen wie Kindern, Aussätzigen, Armen, Kranken und Frauen war zu seiner Zeit sehr außergewöhnlich und rief mehr als genug Kritik hervor. Damit habe er den „ersten neuen Mann“ verkörpert, titelte Schriftsteller Fanz Alt in einem seiner Bücher, ein Klassiker der Männerliteratur.

        Ein weiterer Aspekt bezog sich auf das, wie Gott dargestellt wird. Alle Referenten waren sich einig, dass dieses Bild von Gott, wie es über Jahrhunderte vermittelt wurde, patriarchal geprägt war. So wurden in der christlichen Theologie, später auch der evangelischen Theologie konsequent weibliche Aspekte gestrichen, verändert und verfälscht. Erst mit der feministischen Theologie kam wieder ins Bewusstsein, dass der „heilige Geist“ in den Urtexten weilblich war. In der Tora und in der Bibel gäbe es viele Beispiele, die Gott eben nicht zu einem Mann machen. „Du sollst Dir kein Bild von Gott (Allah) machen, gilt aber auch für den Islam, und dazu gehört ausdrücklich, Allah nicht als Mann zu sehen und zu bezeichnen“, so Husamuddin Meyer.
        Alle drei Religionen waren und sind stark im Patriarchat verwurzelt, aus dem sie historisch entstammen und patriarchale Strukturen prägen sie zum Teil noch immer. Bei allen Differenzen zu den Rollen und dem Verständnis von Frauen und Männern wurde aber dennoch deutlich, dass keine Religion die Unterdrückung von Frauen formuliert und fordert. Gemeinsam war zudem, dass „alte Männerbilder“ ebenfalls nur bedingt ihre Rechtfertigung in den Heiligen Schriften finden. Daran zu erinnern ist eine stete Aufgabe.

         

        Jörg Wilhelm
        Gemeindepädagoge für Männerarbeit

         

         

        Diese Seite:Download PDFDrucken

        to top